Manfred Pauker, Dominik Orieschnig
Noch mehr als das ganze Leben ein Theater ist, ist es ein Film, und jeder spielt darin seine ganz eigene Rolle. Rollenspiele sind wesentlicher Bestandteil unser aller Daseins- und Lebensbewältigung. Wer könnte diese Wahrheit besser vermitteln als jene, die das Rollenspiel und seine Bannung auf Zelluloid zu ihrem Beruf gemacht haben?
In einfühlsamen Fotoporträts, welche die Schnittstellen zwischen privat und öffentlich freizulegen suchen, aber auch das sanfte Spiel mit dramaturgischen Inhalten, Requisiten und Posen pflegen, legt der Fotograf Manfred Pauker ein meisterhaftes Kaleidoskop von mehr als zwei Dutzend österreichischen Filmschaffenden der Gegenwart vor. Der Reigen umfasst den Beruf des Regisseurs, des Drehbuchautors, des Produzenten und natürlich den des Schauspielers, wobei sich der cineastische Bogen vom Nebendarsteller und dem noch unbekannten Newcomer bis zum beliebten Typendarsteller und zur internationalen Filmgröße spannt.
Der Autor Dominik Orieschnig nähert sich in seinen Essays profund, kompetent und erfrischend dem Thema "Rollenspiel" an. Er hat zum einen mit der österreichischen Schauspielelite sehr persönliche Gespräche geführt und die Porträtierten als Darsteller in einer gleichermaßen unterhaltsamen wie anspruchsvollen Dramaturgie besetzt, die alle großen Themen des Lebens enthält.
Zum anderen liefern seine gebildeten Diskurse ein anschauliches Stück Philosophie und praktische Alltagssoziologie.
Wie ein Hausherr zieht er aus seinem reichen Fundus Altes und Neues gleichermaßen hervor und verknüpft es zu atemberaubenden Arabesken. Humanistisches Bildungsgut, katholische Ikonografie und Pop-Kultur verschmelzen hier zu einer Sammlung höchst anregender und teils sehr amüsanter, miniaturartiger Künstlerpsychogramme - sprachliche Schnappschüsse, in denen sich der Autor auch stilistisch den jeweiligen Personen anzunähern versucht.
Pauker und Orieschnig spielen so gekonnt mit Schein und Wirklichkeit, dass sie sich der gängigen journalistischen Unarten wie Schlüssellochvoyeurismus, stupidem Drang zum Outing und anderen Verirrungen des Zeitgeists gar nicht erst bedienen müssen.
Herausgekommen ist ein einzigartiges Buch: Witzig, philosophisch, intelligent, hintergründig und natürlich - wie könnte es auch anders sein! - angereichert mit zahlreichen Dejavùs zum Thema "Film", an denen nicht nur eingefleischte Cineasten ihre Freude haben werden.
Um nur einige zu nennen:
Wolfgang Böck, Katharina Stemberger, August Schmölzer, Monica Bleibtreu, Johannes Silberschneider, Peter Simonischek, Xaver Schwarzenberger, Harald Sicheritz, Marion Mitterhammer, Erwin Steinhauer, Aglaia Szyskowitz, Karl Spiehs, Erni Mangold, Karl Ferdinand Kratzl, Karl Merkatz, Michou Friesz, Hanno Pöschl, Michael Ostrowski, ...
192 Seiten, Hardcover
Format 24 x 31 cm
ISBN 978-3-900254-06-3
Manfred Pauker, Jahrgang 1952, beginnt sich schon als Kind für die Fotografie zu interessieren. Es entstehen erste Fotos von Landschaften und Menschen. Nach einem Berufsleben fernab der Fotokunst wird er erst ab 1989 seiner ersten großen, noch ungestillten Leidenschaft konsequent folgen. Zahlreiche Porträtaufnahmen entstehen zunächst, bis er schließlich 1992 in das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien reist und mit seinen Bildern das Kriegsgeschehen am Balkan dokumentiert. Weitere fotografische Reisen in die Verzweiflung und das Elend der Menschen folgen.
Seine Bilder aus Krisengebieten dieser Welt (u.a. aus Bosnien, Kroatien, Gaza, Rumänien, Kuba und Vietnam) wurden in zahlreichen Einzelausstellungen sowie bei der Schau "Europäische Fotografie" im Rahmen des Europäischen Kulturmonats in Graz gezeigt. Viele davon wollte allerdings niemand sehen - sie sind der "Spaßgesellschaft" unzumutbar.
Mittlerweile hat Pauker drei Fotobände veröffentlicht: "Schattenkinder" (1994, eine Dokumentation über Kinder dieser Welt am Rande der Gesellschaft), Vietnam (1996, eine Reportage über das Land 25 Jahre nach Kriegsende), Havanna - Kubanisches Requiem (2000), eine Reportage über den Alltag einer Gesellschaft unter einem übriggebliebenen Regime). Sein Ausflug in die etwas ungefährlicheren, aber nicht weniger spannenden Seelenlandschaften des Films und des Show-Business ist eine Premiere, auf die man sich freuen darf. Seine Porträts des Schauspielers Johannes Silberschneider dürfen schon jetzt als Meisterwerke auf dem Gebiet der fotografischen Charakterstudie bezeichnet werden.
Dominik Orieschnig, Jahrgang 1971, kennt das Rollenspiel wie seine Westentasche. War er doch bis 1986 Wiener Sängerknabe in prominenter Position, wo er als Solist Schallplattenaufnahmen, Auftritte im Fernsehen, in Staats- und Volksoper sowie Konzertreisen auf drei Kontinenten bestritt. Zahlreiche persönliche Begegnungen mit Pavarotti, Karajan, Lady Diana, Schwarzenegger & Co. sowie vielen anderen internationalen Grössen der Kultur, der Politik und des öffentlichen Lebens. Seine Stimme ist u.a. verewigt in der vollständigen Mozart-Edition von Philips Classics, dem umfangreichsten Projekt der Schallplattengeschichte.
Danach humanistische Ausbildung in Italien ("Liceo Classico"), Studium der Rechtswissenschaften, Ausbildung zum Europarechtsexperten der Johannes-Kepler-Universität Linz (Offizielle Berufsbezeichnung), Absolvent der Diplomatischen Akademie Wien.
Orieschnig wirkte als Kulturredakteur des ORF, als Verlagslektor und Kolumnist. Er ist Verfasser zahlreicher gesellschaftspolitischer und kultureller Publikationen in den großen Tageszeitungen des Landes, von Fachpublikationen und Vorträgen zum Thema Europa und Diplomatie und zu den internationalen Dimensionen von Recht, Politik und Weltanschauung sowie zur Zukunft der Menschheit. Er gilt als profunder Kenner der Evolutions- und Globalisierungstheorien Pierre Teilhards de Chardin (des wahren und verkannten Genies des 20. Jahrhunderts), die er auch künstlerisch in seinem vielbeachteten Teihard-de-Chardin-Fenster in der Leobener Waasenkirche verarbeitet hat.
Zuletzt u.a. Tätigkeit als Konsulent des Franziskanerordens bei der grenzüberschreitenden Fusion zweier seiner Provinzen sowie Herausgeber eines kulturgeschichtlichen Prachtbandes über den Orden der Redemptoristen in Leoben.